Wer ist eigentlich der junge Gösch? Wer sind Hächler, Glaubrecht und Lüßl? Was wollen drei Alt-Nazis mit einem verweichlichten Kriegsdienstverweigerer im tiefsten deutschen Wald? Wie heilig ist die kleine Ortschaft Heilig Blut? Warum sind die Wölfe los? Warum suchen die Männer Spuren im tiefen Schnee, die jedem gehören könnten? Wer ist auf dieser Hetzjagd Jäger und wer ist Gejagter? Und wo ist eigentlich der junge Gösch?
Gisela Elsners so gut wie unbekannter Roman „Heilig Blut“ aus dem Jahr 1982 gibt Einblick in eine tief internalisierte NS-Volksgemeinschaft und zeigt ihre Adaptierbarkeit auch in demokratischen Systemen: Deutsche Tugend und Ehre sind eben zeitlos – gefährlich. Diese Zeitlosigkeit der Beobachtungen nimmt sich der Theaterabend Gisela Elsner: Heilig Blut zum Anlass und kratzt lustvoll die Aktualität der Erzählung aus den Spuren, die sie im Schnee von Heute hinterlassen hat. Die Inszenierung transformiert die scharfen Wortkaskaden und groteske Überhöhung Elsners in Bild- und Klangmetaphern, die die Hinterhältigkeit und Gefahr der Gedankenwelten der drei vermeintlich ehrbaren Alt-Nazis Hächler, Glaubrecht und Lüßl offenlegen, indem sie sie durch einen synästhetischen Verstärker jagen.
Und wie immer fällt irgendwann ein Schuss.
mit: Ole Bechtold, Christoph Maasch und Silvana Morabito
Regie/Textfassung/Konzept/Produktionsleitung/Requisite: Hannah Schassner
Dramaturgie/Textfassung/Komposition/Konzept/Produktionsleitung: Sylvia Necker
Bühne & Kostüm: Hannah von Eiff
Kostüm: Andrea Busmar
Regieassistenz: Christian Funk
Graphik/Gestaltung: Prisca Ludwig
Technik: Linus Koenig
Pressefotografie & Dokumentation: Christian Schuller
Trailer: Marc Vogelsang
Premiere: 31.05.18, 20 Uhr // Landungsbrücken Frankfurt
weitere Vorstellungen an den Landungsbrücken Frankfurt:
14.06.18, 20 Uhr
15.06.18, 20 Uhr
14.11.18, 20 Uhr
15.11.18, 20 Uhr
Reservierung: karten@landungsbruecken.org oder 0049171 285 61 81
Die FAZ merkt an, dass die Theaterfassung des Romans >Heilig Blut< von Gisela Elsner vornehmlich die grotesken Seiten heraus präperiert und das Publikum „zum unmittelbaren Zeugen des so lächerlichen wie todbringenden Geschehens“ macht. Denn die Inszenierung setzt die Zuschauenden „mitten hinein in diese Holz- und Schwitzhütte, in der Ole Bechtold, Christoph Maasch und Silvana Morabito nun in Leder, Pelz und schwarzen Strümpfen ein Temperament aus faschistischem, religiösem und triebgesteuertem Bekenntnis, von Jagdfieber und Wandervogelseligkeit zur Schau stellen, dass es eine abgründig komische Art hat. Das klingt abenteuerlich und angesichts des Themas wird es einem schon mal himmelangst, ob das wohl gut gehen kann. Es geht. Gut zwei intensive Stunden.“ Denn, so schlussfolgert die FAZ, die Inszenierung kontert „Travestie mit Präzision und Strenge hinsichtlich der Form. (...) Und zum Finale wird es hoffnungslos makaber. (…) Spottfigurig also, mag sein. Doch anders wohl tatsächlich unerträglich.“ (FAZ, 02.06.18)
Gisela Elsner: Heilig Blut ist eine schassner/necker-Produktion in Kooperation mit den Landungsbrücken Frankfurt. Das Projekt wird gefördert vom Kulturamt Frankfurt am Main, den Landungsbrücken Frankfurt, dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, dem Asta der Goethe-Universität Frankfurt und der Internationalen Gisela Elsner-Gesellschaft e. V.